BZ: „Frühlingsrose“ am Feldberg – Das Naturfreundehaus auf dem Höchsten wird 90 Jahre alt.

Das Naturfreundehaus Feldberg am Tag seiner Einweihung im Mai 1926. Für den Bau mussten Gleise für Loren verlegt werden. Derzeit wird am Haus wieder gebaut: Ein Abenteuerspielplatz entsteht.

FELDBERG. Dieses Haus ist etwas Besonderes. Nicht nur, weil es auf rund 1360 Meter inmitten des Naturschutzgebiets liegt. Nein, das Naturfreundehaus Feldberg hat noch mehr zu bieten. Neben spannenden Geschichten von einst ist das vor allem die Philosophie von heute. Dieses Jahr wird der Ort der Begegnung am Baldenweger Buck 90 Jahre alt – das wird an diesem Wochenende gefeiert.
Aufbruchstimmung herrschte Anfang des 20. Jahrhunderts innerhalb des Vereins der Naturfreunde – auch in ihrer Ortsgruppe Freiburg. Die Euphorie gipfelte in den Plänen, auf dem Feldberg ein Naturfreundehaus zu bauen. Es sollte – ganz nach der Philosophie des Vereins – gezielt Arbeitern den Zugang zur Natur und zur Bewegung darin ermöglichen. „Sie konnten sich keinen Ski- oder Wanderurlaub im Hotel leisten. Für sie waren die Aufenthalte in solche Hütten die einzige Möglichkeit, raus zu kommen“, erzählt Hans Seybold, der im Ortsverein Emmendingen der Naturfreunde aktiv ist und in der Sektion Feldberg, die sich um das Haus kümmert. Doch zunächst machten der Erste Weltkrieg und anschließend die Inflation die Baupläne zunichte. „36 000 Mark hatten die Naturfreunde Freiburg zusammen. Dafür konnten sie durch die Geldentwertung gerade mal ein paar Säcke Zement kaufen – aber kein Haus bauen“, blickt Seybold zurück. Und so sprang der Landesverband ein, bis heute ist das Haus in seinem Besitz.

Das Bauen an solch einer exponierten Stelle wie dem Baldenweger Buck war auch in den 1920er Jahren nicht einfach. So hagelte es – nachdem die Baugenehmigung endlich erteilt war – ein Verbot nach dem anderen. Vor allem, dass den Naturfreunden von Seiten der Forstbehörde verboten wurde, das Material über die Forststraßen zum Bauplatz zu transportieren, stellte eine große Schwierigkeit dar. Quer durch Wald wurden 1300 Meter Gleise für Loren verlegt, die Balken, Steine und Zement nach oben beförderten. Fotos, die im Naturfreundehaus zu sehen sind, zeigen auf eindrückliche Weise, wie die Vereinsmitglieder für ihren Traum vom Haus auf dem Feldberg geschuftet haben. Und nicht nur das: Als das Geld knapp wurde, nahmen manche von ihnen sogar Hypotheken auf. „So etwas ist heute undenkbar“, sagt Hans Seybold und dabei sieht man ihm die große Anerkennung für die Naturfreunde von einst an.

Nach vielen Strapazen dann der Lohn: Nach rund zweijähriger Bauzeit wurde das Naturfreundehaus Feldberg am 23. Mai 1926 eingeweiht. „In den herrlichen Kranz der Naturfreundehäuser im Schwarzwald können wir heute eine weitere Frühlingsrose einflechten. Ja, wir müssen wohl sagen, dass es die schönste Rose ist, die dem unermüdlichen Schaffensgeist der badischen Naturfreundefamilie entsprossen ist“, so der damalige Landesvorsitzende Heinrich Coblenz. Schon 1927 wurden knapp 8000 Übernachtungen gezählt, bis 1933 waren es insgesamt fast 60 000.

Die Erfolgsgeschichte nahm mit der Machtergreifung der Nazis ein jähes Ende: Die Naturfreunde aufgelöst, in das Haus auf dem Feldberg zogen 1935 eine Polizeischule und die Hitlerjugend ein. Erst 1948 bekamen die Naturfreunde ihr Domizil zurück. 45 Pfennig kostete in den 50er Jahre eine Übernachtung für Mitglieder, Nicht-Naturfreunde zahlten 60 Pfennig. Der damalige Hüttenwart war auch Skilehrer des Landesverbandes. Zahlreiche Wettkämpfe wurden hier ausgerichtet. Kameramann und Fotograf Sepp Allgeier hält mit 42 Metern den Schanzrekord am Baldenweger Buck.

Mit dem Wirtschaftswunder und dem Bau der Skilifte am Seebuck wartete die nächste Schwierigkeit für das Haus: Die Seite des Feldberg, auf dem es steht, verlor nach und nach an Attraktivität. Immer weniger Menschen besuchten das Haus. „Es rutschte mehr und mehr in die roten Zahlen. Und in den 80er/90er Jahren gab es den Plan, das Haus zu verkaufen“, berichtet Hans Seybold. Als er und andere Naturfreunde davon erfuhren, war schnell klar: „So wie unsere Vorfahren sich für den Bau engagiert haben, konnte es nicht sein, dass wir das Haus aufgeben.“ Eine Handvoll Mitglieder aus Freiburg, Emmendingen und Dietlingen bei Pforzheim modernisierten im Ehrenamt. „Und siehe da: Es kamen wieder Leute.“

Seit acht Jahren zeichnet sich das Haus durch eine weitere Besonderheit aus: Es wird nachhaltig bewirtschaftet. Die ehrenamtlichen Naturfreunde und die hauptamtlichen Hüttenwarte Heinz und Maria Blodeck setzen auf regionale, biologisch und fair herstellte Produkte. Das fängt beim Ökostrom der ESW Schönau an, geht über die Bettwäsche aus Biobaumwolle und hört auf dem Teller der Gäste auf. Gekocht wird überwiegend vegetarisch. Als die Blodecks in ihrem ersten Jahr im Naturfreundehaus für die Mitternachtssuppe an Silvester Chili angepriesen, aber vergessen hatten, das Fleisch dafür einzukaufen und deshalb „nur“ Gemüse verarbeiteten, „hat das keiner gemerkt“ – wie Heinz Blodeck lachend erzählt. Noch nie habe es wegen der vegetarischen Küche Beschwerden gegeben – „ganz im Gegenteil.“ Der bewusste Umgang mit der Natur spiegelt sich auch im Jahresprogramm der Naturfreunde wieder: Sie setzen auf sanften Natursport wie etwa Schneeschuhwandern. Außerdem spielen naturpädagogische Angebote eine große Rolle. Und es werden Seminare, etwa zum Thema Nachhaltigkeit, angeboten.

Das scheint anzukommen: 8000 Gäste zählt das Haus im Jahr, ein Drittel davon sind Schulklassen, dazu kommen viele Familien. Die Naturfreundesektion Feldberg, die sich rund um das Haus gebildet hat, hat 400 Mitglieder. Jährlich kommen rund 50 dazu. „Wir haben verstanden, dass wir eine Verpflichtung haben“, sagt Hans Seybold über das Angebot im Naturfreundehaus 90 Jahre nach seinem Bau. Hüttenwart Heinz Blodeck nickt. „Ich habe noch in meinen Leben noch nie so wenig Geld verdient wie hier auf dem Feldberg. Aber ich war noch nie so reich.“

Quelle: http://www.badische-zeitung.de/feldberg/fruehlingsrose-am-feldberg–123250376.html